190 SL • Technik • Erfahrungsberichte • Überholung des Antriebsstrangs war fällig

Schon nach den ersten Kilometern in diesem Jahr mit unserem 57er, war die erste Ausfahrt zu Ende. Ein wackelnder Schalthebel, wummernde und mechanische Reibgeräusche waren zu hören, bei ca. 50 – 65 Km/h war sogar ein leichtes seitliches Schaukeln des ganzen Autos zu spüren. Sofort war klar, der 190er muss auf den ,,OP-Tisch“. Kardanwelle und Getriebe müssen überprüft werden um evtl. größere Schäden zu vermeiden. Nach deren Ausbau konnte ich als erstes am Stützlager der Kardanwelle, den ersten Schaden entdecken. Das Lagergehäuse war auf der Seite zum Motor stirnseitig ausgebrochen,der Sicherungs und Abstandsring standen sogar etwas schräg aus dem Gehäuse. Nach dem das Lagergehäuse von der Kardanwelle abgebaut war, kam auch noch ein gebrochener Kolbenring zum Vorschein: Bild 1.

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Für die Reparatur der Kardanwelle brauchte ich glücklicherweise nur ein neues Kugellager und zwei Kolbenringe bestellen. Das defekte Lagergehäuse konnte ich gegen das der alten Welle tauschen. Nach dem Zusammenbau der Kardanwelle bin ich mit dieser zur Sicherheit nach einem Gelenkwellenservice gefahren. Dort wurde die Welle sorgfältig geprüft, das hintere Kreuzgelenk wurde getauscht, die Welle gerichtet, sowie neu ausgewuchtet: Bild 2. So konnte ich nach 2 Std. Wartezeit sicher sein, das diese wieder 100% In Ordnung ist.

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Am Getriebe war äußerlich nur festzustellen, das der Zentrierzapfen für die Kardanwelle einseitig ca. 0.15mm  tief von der Zentrierkugel eingearbeitet ist und diese dadurch sehr viel Spiel hat: Bild 3. Der Dreiarmflansch vom Getriebe hat hingegen einen Seitenschlag von nur 0.01mm: Bild 4. Das Pilotlager in der Kurbelwelle war auch defekt.

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Zur weiteren Kontrolle und Wiederherstellung des Zentriersitzes der Hauptwelle, ist eine Demontage vom Getriebe nötig. Bei dem Ausbau der Hauptwelle war ich etwas zu flott, ich habe versäumt die nach Werkstatthandbuch selbst angefertigte Montagehülse aufzuschieben und zu verschrauben, schon rieselten die ersten Lagernadeln auf die Werkbank….. Nun konnte ich alle Bauteile und Lager prüfen, bei den zwei Wellen, Haupt und Vorgelegewelle, blieb es bei dem eingelaufenen Zentrierzapfen und die beiden motorseitigen Lagern der Wellen hakelten spürbar beim langsamen drehen. Den Verschleiß der Synchronringe habe ich vor der Demontage, wie im Bericht von Fritz Wallner beschrieben, Revue 2/93 – das Getriebe instandsetzen – geprüft. Diesen Bericht hatte mir unser Clubkamerad Peter Cramer noch rasch gemailt, da ich zu dieser Zeit noch nicht im Club war, 0,8mm Spalt mit der Fühlerlehre gemessen, alles im grünen Bereich: Bild 5.

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Bei den Ersatzteilen für das Getriebe ist es mit einem neuen Lagersatz getan: Bild 6. Bei der Hauptwelle habe ich den verschlissenen Zapfen abgedreht und eine Buchse aus Titan Grade 5 aufgeschrumpft und das Maß 15.98mm für die  Zentrierkugel wieder hergestellt: Bild 7. Dieser Werkstoff ist hoch widerstandsfähig und wird häufig im Motorsport eingesetzt, nicht zuletzt, weil dieser Werkstoff nur die Hälfte des spezifischen gewichts von herkömmlichen Materialien hat.

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Nachbearbeitung von Getriebeteilen:

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Jetzt konnte ich endlich alles wieder zusammenbauen. Aufpassen muss man bei der Montage der Hauptwelle, das der Einlegekeil im Gleichlaufkörper 1 + 2ter Gang, auf beiden Seiten in den vertikalen Nuten sitzt und nicht rausrutscht.

Wenn das Puzzle zusammen ist, wird die Montagehülse Aufgeschoben und verschraubt, so das alles an seinem Platz bleibt.

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Nachdem die neuen Lager im Gehäuse sitzen, muss nun noch vor der Montage des Deckels genau gemessen werden, ob das Axiaspiel für die Welle / Lager, von 0.15 – 0,20 mm vorhanden ist. Ggf. muss das mit Distanzringen ausgeglichen werden.

Geschafft, das Getriebe ist wieder zusammen und kann eingebaut werden, dafür habe ich mir aus den Erfahrungen der Vergangenheit, eine einfache Montagehilfe gebaut. Funktioniert gut und es gibt keine Schulterschmerzen mehr. Endlich fertig, nun kommt die Probefahrt, hoffentlich läuft alles rund.

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Schon nach wenigen Kilometern kam die Ernüchterung, immer noch ein ganz leichtes Wummern, zwar kaum merkbar, aber es ist da. Wo kommt das Geräusch her ? Es  war nicht zu lokalisieren. Da habe ich Reimund Wendt um Hilfe gebeten, kurzerhand bin ich nach Paderborn in seine Werkstatt und er hat mit mir eine Probefahrt gemacht. Für Raimund stand sofort fest, das Geräusch kommt von der Hinterachse, dieses überträgt sich über die Kardanwelle bis nach vorne. Also noch einmal ran und prüfen, der Fehler war nun schnell gefunden. Die Lagerung der Schneckenwelle und der Gelenkflansch sind im Eimer. Das vordere doppelreihige Schräglager hatte 0.15mm radiales Spiel und die Innenverzahnung vom Gelenkwellenflansch war ausgenudelt. Schon steht wieder eine Probefahrt an. Alles ist gut gelaufen, jetzt können wir die Ausfahrten wieder sorgenfrei genießen. Wer hätte das gedacht, aus sicherheitshalber überprüfen, wurde eine komplette Überholung, vom Pilotlager bis zur Schneckenwelle im Differential.

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Grüße aus der Gummersbacher 190SL Garage

T. H.

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