190 SL-Beitrag • 2022 • 04 • Besuch im MAYBACH Museum

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Der Name MAYBACH hat bis heute einen eigenen einzigartigen Klang – steht er doch für schöne und wertvolle Luxusautos der 20er und 30er Jahre. Von 1921 bis 1941 wurden ungefähr 1800 Autos gebaut. Kaum jemand weiß jedoch, dass es in Neumarkt in der Oberpfalz ein Museum für historische MAYBACH-Fahrzeuge gibt.

Der Name MAYBACH ist ja auch mit der Geschichte der Marke MERCEDES verbunden. Ich möchte Sie auf einen Besuch in diesem Museum mitnehmen, um etwas über die Geschichte der Firma MAYBACH zu erzählen. Dieses Museum wurde durch eine private Initiative von Anna und Helmut Hofmann aufgebaut und präsentiert die Geschichte der Marke MAYBACH in einem wunderschönen Museumsgebäude. [Bild 1] Bei den Bemühungen, die Geschichte der Marke umfassend und lebendig darzustellen, wurden die Hofmanns vom Daimler-Konzernarchiv tatkräftig unterstützt. In dem Museum sind 18 historische Automobile ausgestellt, dazu Motoren, Getriebe, Modelle, Ersatzteile, Prospekte, Zeitschriften und Schautafeln. 

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1. Personen 

Der Mythos MAYBACH wurde durch Wilhelm Maybach begründet. [Bild 2].

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Er wurde am 9.Februar 1846 in Heilbronn geboren und wuchs als Vollwaise auf. Er wurde von dem Pfarrer Gustav Werner und dem 12 Jahre älteren Gottlieb Daimler gefördert, dem er 1865 das erste Mal begegnete. Nach zwölf Jahren in der Gasmotorenfabrik Deutz gründete Gottlieb Daimler [Bild 3] in Bad Cannstatt eine eigene Firma, wo er sich zusammen mit Wilhelm Maybach der Entwicklung eines funktionsfähigen schnelllaufenden Motors widmete, für den er 1883 das Patent erhielt. 1890 beschlossen Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach, die gemeinsame Daimler-Motoren-Gesellschaft ins Leben zu rufen.

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1893 konstruierte Wilhelm Maybach dort den Spritzdüsenvergaser, auf dessen Prinzip bis heute die Vergasertechnologie beruht. Sechs Jahre später stellte W. Maybach den ersten Daimler-Motor (15 PS, 4,4 Ltr. Hubraum) für das Luftschiff LZ 1 des Grafen Zeppelin vor. Am 6.März 1900 starb Gottlieb Daimler. Kurze Zeit später gelang W. Maybach mit der Konstruktion eines Hochleistungsmotors (35 PS) ein entscheidender Schritt. Dieser Motor wurde in ein Fahrzeug mit längerem Radstand, niedrigerem Schwerpunkt, neuer Kupplung, verbesserten Bremsen und Bienenwabenkühler eingebaut. Dieser Wagen war als „Mercedes 35“ von Emil Jellinek gleich in Dutzenden Exemplaren bestellt worden, der ihn nach seiner Tochter „Mercedes“ benannte. Dieser Wagen kann als Urform des modernen Automobils angesehen werden – er begründete nach großen Rennerfolgen die „Aera Mercedes“ im Motorsport und Automobilbau. Nachfolger dieses Wagens wurde 1902 der Mercedes Simplex. Am 1.April 1907 schied Wilhelm Maybach endgültig aus der Daimler-Motoren-Gesellschaft aus und gründete am 23.März 1909 zusammen mit Ferdinand Graf von Zeppelin die Luftfahrzeug-Motorenbau GmbH. [Bild 4]

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Am 29.Dezember 1929 starb Wilhelm Maybach in Stuttgart. 

Am 6.Juli 1879 war Karl-Wilhelm Maybach als erstes Kind von Bertha und Wilhelm Maybach geboren worden. [Bild 5].

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Nach verschiedenen Stationen der Ausbildung und des Studiums trat er 1903 in die Daimler-Motoren-Gesellschaft ein; und 1909 übernahm er die technische Leitung der Luftfahrzeug-Motorenbau GmbH (s.o.). 1912 wurde der Firmensitz nach Friedrichshafen verlegt. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden in Friedrichshafen viele Motoren für die Luftschiffe des Grafen Zeppelin gebaut; 1911 startete das LZ 10 mit drei Maybach-Motoren zu je 145 PS. Während des Ersten Weltkrieges wurden vor allem Flugmotoren gebaut, wobei der Flugmotor Mb IVa eine besondere Rolle spielte. Dieser Motor erwies sich als äußerst zuverlässig und wurde über 2000mal produziert. Im Mai 1918 wurde die Firma (inzwischen mit über 3600 Beschäftigten) in Maybach-Motorenbau GmbH umbenannt. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden im wesentlichen Motoren für den Fahrzeugbau konstruiert und gefertigt. 1940 wurde Karls Bruder Adolf von den Nationalsozialisten im Rahmen des Euthanasieprogramms ermordet; am 14.Februar 1943 fiel Karl Maybachs ältester Sohn Walther in Tunesien. Karl Maybach starb am 6.Februar 1960 in Friedrichshafen. 

2. Autos 

Das Ende des Ersten Weltkrieges bedeutete für Maybach einen erheblichen Einschnitt – so durften nach dem Friedensvertrag von Versailles in Deutschland keine Flugzeuge, Luftschiffe, Schiffe, U-Boote, Panzer samt den erforderlichen Motoren mehr gebaut werden. Deshalb musste sich Maybach nun nach neuen Geschäftsfeldern umsehen. Neben Reparaturaufträgen rückte der Bau von Automobilmotoren nun in den Mittelpunkt. So begann Wilhelm Maybach 1919 mit dem Bau des Versuchsfahrzeuges W 1 (auf einem älteren Daimler-Fahrgestell), dem ein Jahr später das Fahrzeug W 2 folgte. 1921 wurde auf der Automobil-Ausstellung in Berlin der Maybach W 3 vorgestellt. Der Wagen hatte einen 5,7-Liter-Motor mit 70 PS; allein das Fahrgestell kostete 24.000 Reichsmark. Der jeweilige Aufbau wurde von Karosseriebaufirmen gefertigt. Schon bei diesem Wagen deutet sich die Firmenphilosophie an: Der einzige Maßstab ist die Perfektion. Entsprechend wurde damals auch schon für dieses Fahrzeug geworben. [Bild 6].

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Von diesen drei Modellen (W 1, W 2, W 3) ist kein einziges Exemplar erhalten geblieben; im Museum gibt es nur noch ein Hardtop, einen Reifen mit Felge und den Kühler von dem W 3. [Bild 7].

Bild 7

Von diesem Modell wurden 305 Exemplare gebaut. Übrigens hat auch der Kölner Erzbischof Karl Joseph Kardinal Schulte ab 1925 einen Maybach W 3 (22/70 PS) als Dienstwagen genutzt, der von der Kölner Firma Papler karosseriert worden war. Über den Verbleib dieses Fahrzeugs ist nichts bekannt. Es existiert lediglich ein einziges Foto, auf dem zu sehen ist, wie der Nuntius Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., dem Maybach des Erzbischofs entsteigt. [Bild 8] .

Bild 8

Es würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, alle jemals gebauten Maybach-Wagen vorzustellen. Darum beschränke ich mich auf einige besonders interessante Stücke. Das älteste Exponat ist ein Maybach W 5 SG von 1926. [Bild 9].

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Es handelt sich um ein ausgesprochen seltenes Fahrzeug – von den ursprünglich gefertigten 250 Stück sind weltweit nur noch drei Exemplare erhalten geblieben. Der Wagen hat einen 6-Zylinder-Motor mit 7 Liter Hubraum und leistet 120 PS, womit eine Geschwindigkeit von 130 km/h erreicht werden konnte. Während des Zweiten Weltkrieges war dieser Wagen gut versteckt; und 1945 sollte er zu einem Pritschenwagen umgebaut werden. Das aber unterblieb; und nach einer umfassenden Restaurierung erstrahlt der Wagen wieder in altem Glanz. 

Gleich nach dem Betreten des Museums fällt der Blick auf einen roten Wagen. Dabei handelt es sich um einen Maybach DSH aus dem Jahr 1934. [Bild 10].

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Von diesem Typ wurden nur ca. 50 Exemplare gebaut; weltweit haben nur drei Maybach DSH überlebt. Statt des 12-Zylinder-Motors, der im Maybach Zeppelin verbaut wurde, besitzt dieser Typ einen sechszylindrigen Motor DSH („Doppelsechshalbe“), um auch weniger zahlungskräftigen Kunden die Anschaffung eines luxuriösen Fahrzeugs zu ermöglichen. Der Motor hatte 5,2 Liter Hubraum und leistete 130 PS, womit eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h möglich war. Der im Museum ausgestellte Wagen war von der Firma Spohn karosseriert worden und 1934 an eine Wuppertaler Lebensmittelgroßhandlung ausgeliefert worden. Nach dem Ende des Krieges kam er zur Freiwilligen Feuerwehr nach Gladenbach – daher die rote Farbe! 1960 wurde der Wagen verkauft und danach über 50 Jahre in einem Bauernhof vergessen, bis er 2017 durch einen glücklichen Zufall ins Museum kam. Zwei weitere Wagen des Typs DSH befinden sich übrigens im Technik-Museum Sinsheim. Eines dieser Fahrzeuge war nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer mobilen Bandsäge umgebaut worden, um damit in der Stellmacherei arbeiten zu können. In diesem Zustand war der ehemalige Luxuswagen bis 1986 in Betrieb. Sein damaliger Besitzer hatte in seinem Testament verfügt, dass der Wagen nach seinem Tod in unrestauriertem Zustand dem Museum übereignet werden sollte. [Bild 11].

Bild 11

Der bekannteste Maybach-Wagen ist der Typ Maybach SW 38, von dem über 800 Exemplare gefertigt wurden, von denen heute noch 112 erhalten sind. Auch das Museum verfügt über mehrere Fahrzeuge dieses Typs. Der Typ SW 38 basiert auf dem Typ SW 35, der kurz nach der Weltwirtschaftskrise entwickelt worden war. Im Gegensatz zu dem Hauptkonkurrenten Mercedes-Benz hielt Maybach am Bau von Luxusfahrzeugen fest und verzichtete auf den Bau von kleineren Fahrzeugen, die für einen breiteren Käuferkreis erschwinglich waren. Der SW 35 hatte einen 3,5-Liter-Motor mit nur 140 PS. Wegen der verschlechterten Benzinqualität vergrößerte Maybach den Hubraum auf 3,8 Liter, um nicht an Leistung zu verlieren. Am Fahrgestell wurde nichts geändert; und die Karosserien wurden weiterhin mehrheitlich von der Firma Spohn in Ravensburg gefertigt. 

Im Museum kann man einen SW 38 mit einer finsteren Geschichte bewundern, der seinerzeit von dem SS-Gruppenführer George Ebrecht seit 1938 als Dienstwagen des Rasse- und Siedlungshauptamtes gefahren wurde. [Bild 12].

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Das Kennzeichen lautete SS-119. Bei Kriegsende wurde der Wagen von der Roten Armee beschlagnahmt. Durch glückliche Umstände wurde er nicht im Alltagseinsatz verschlissen, sondern gelangte über Umwege in die Hände von Oldtimer-Liebhabern im Baltikum. Nach 1990 wurde der Wagen nach Deutschland verkauft, wo er auf Umwegen ins Museum gelangte. Der Wagen befindet sich weitgehend im Originalzustand. 

Ein weiterer SW 38 sticht wegen seiner gelben Farbgebung aus der Sammlung hervor. Es handelt sich um ein Fahrzeug, welches 1938 von August Blanke, dem Direktor der Nordwest Schuhwaren Einkaufsgenossenschaft in Hamburg, bestellt worden war. [Bild 13].

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Die Pullmann-Karosserie wurde wieder von der Firma Spohn gefertigt, wobei etliche Sonderwünsche berücksichtigt wurden. Das Fahrzeug besitzt übrigens eine Rechtslenkung. Nachdem der Wagen den Zweiten Weltkrieg ohne Schäden überstanden hatte, wurde er in den 50er Jahren auf einem Segelfluggelände als „Windenschleppe“ und „Seilrückholfahrzeug“ genutzt, wobei die Karosserie teilweise aufgeschnitten wurde. Auf Umwegen gelangte er in das Museum, wo er nun auf eine umfassende Restauration wartet. 

Der dunkelgrüne SW 38 mit dem Kennzeichen NM-MM 32H hat eine ganz besondere Vorgeschichte. [Bild 14].

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Der Erstbesitzer war der Bischof von Trier, Franz Rudolf Bornewasser. Auf Anweisung des Bischofs setzten die Unterhändler des geistlichen Herrn im Jahr 1939 eine (damals nicht übliche) Provision von 7,5 % durch, verbunden mit der Drohung, sonst zur Auto-Union nach Zwickau zu fahren, um dort einen HORCH zu erstehen. Schließlich wurde die Provision vom kaufmännischen Direktor der Maybach-Motorenbau GmbH genehmigt. (Ich versage mir einen Kommentar; der geneigte Leser möge sich selbst sein Urteil bilden.) Nach dem Krieg wurde der Maybach an einen Studenten verkauft, der ihn 30 Jahre lang im Besitz hatte. Auf Umwegen gelangte das Fahrzeug schließlich ins Museum. 

Am Ende des Rundgangs bleibt man unwillkürlich vor einem Maybach DS 8 „Zeppelin“ mit einer Pullmann-Karosserie stehen, der sich in einem bedauernswerten ramponiertem Zustand befindet. [Bild 15].

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Dieser Typ hatte einen 12-Zylinder-V-Motor, der aus 8 Litern Hubraum 200 PS produzierte und damit maximal 170 km/h fahren konnte. Insgesamt wurden von Typ Zeppelin nur 300 Stück gefertigt; weltweit gibt es noch 28 Stück. Vermutlich ist der Wagen Ende der 30er Jahre nach Ostdeutschland ausgeliefert worden, wo er nach dem Ende des Krieges von der Roten Armee beschlagnahmt wurde. In der früherer Sowjetunion wurde der Wagen in verschiedenen Arbeitseinsätzen regelrecht verschlissen – Motor, Getriebe, Achsen und andere Aggregate wurden durch sowjetische Teile ersetzt. 1992 kam der Zeppelin durch einen glücklichen Umstand wieder zurück nach Deutschland. Eine Restauration ist angedacht, aber wegen fehlender Originalteile schwierig und extrem aufwändig. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden keine eigenen Maybach-Fahrzeuge mehr gefertigt. Dennoch befinden sich im Museum zwei interessante Einzelstücke aus dieser Zeit. Ein ehemaliger SW 38, der 1938 auf das Press- und Walzwerk Düsseldorf zugelassen worden war und 1948 auf die Thyssenschen Gas- und Wasserwerke in Duisburg umgeschrieben worden war, wurde 1938 von der Firma Spohn von der Pullmann-Karosserie befreit und mit einer dem damaligen Zeitgeschmack angepassten Ponton-Karosserie mit Cabriolet-Aufbau versehen. Bei diesem „Spohn-Ponto-Cabriolet“ SW 38/42 handelt es sich um von dem Designer Brooks Stevens beeinflusstes Einzelstück. [Bild 16].

Bild 16

Über Umwege gelangte dieser Wagen in das Museum. 

Ein weiterer Wagen erinnert beim ersten Hinschauen an einen Mercedes-Benz 300 „Adenauer“. Dieser SW 38 war im September 1939 an die Firma E.Kahlmann geliefert worden. 1950 wurde dieser Wagen von der Firma Spohn umgebaut und mit einer „modernen“ Karosserie versehen, wobei Elemente des Mercedes-Benz 300 Adenauer und des BMW 507 Protoyps Verwendung fanden. Dieser SW 38/42 Ponton bestach durch das elegante und niemals aufdringlich wirkende Design. [Bild 17].

Bild 17

Der Wagen hatte einen Motor mit 4,2 Litern Hubraum, der 140 PS leistete. Nach meinen Recherchen wurden bei der Firma Spohn noch mehrere SW 38 mit dieser Karosserie gefertigt, wobei teilweise marginale Veränderungen am Design vorgenommen wurden. Genaueres ist nicht bekannt. Da diese Einzelstücke extrem teuer waren, fanden sich kaum Käufer. Auch die geistlichen Würdenträger bevorzugten in der Zeit des Wirtschaftswunders andere Fahrzeuge, so wie der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, der sich 1952 einen Mercedes-Benz 300 Adenauer leistete. 

Im Jahr 2002 hatte die Daimler Chrysler AG beschlossen, die Marke „Maybach“ wieder aufleben zu lassen. Diese luxuriösen und teuren Wagen sollten den entsprechenden Modellen von Rolls-Royce und Bentley Konkurrenz machen. Auf der Basis der Mercedes S-Klasse wurden die Modelle Maybach 57 und Maybach 62 in aufwändiger Handarbeit gefertigt. Die Marktprognosen erfüllten sich jedoch nicht; wie schon beim Mercedes 600 war die Produktion jedes einzelnen Wagens ein Verlustgeschäft. Da weltweit viel weniger Fahrzeuge als geplant abgesetzt wurden, wurde am 17.Dezember 2012 das letzte Fahrzeug montiert. Ein Grund für den wirtschaftlichen Misserfolg war wohl die mangelnde Eigenständigkeit der Modelle – Kritiker sprachen beispielsweise von einer „aufgepumpten Mercedes-Benz S-Klasse“. Im Museum wird ein Maybach 62 S Landaulet von 2007 gezeigt. [Bild 18].

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Dieser Wagen hat einen V 12-Zylinder-Motor mit 6 Litern Hubraum, der 612 PS leistet. Die Ausstattung lässt keinerlei Wünsche offen. Von diesem Modell wurden nur 15 Stück gefertigt, was wohl auch an dem hohen Preis von 1.500.000 Euro lag. 

Gegenwärtig plant Mercedes, die Marke „Maybach“ neu zu beleben, und zwar für Luxuskunden in China. Dort sollen Edel-E-Autos gebaut werden, wobei sich die Kunden in einem eigens in Shanghai eröffneten Atelier im Bund Finance Center ihr Traumauto nach ihren persönlichen Wünschen zusammenstellen können. Diese Fahrzeuge sind jedoch keine eigenständigen Maybach-Modelle mehr, sondern Derivate von entsprechenden Mercedes-Modellen. Dort wird auch das von dem Künstler Virgil Abloh zusammen mit dem Mercedes-Design-Chef entworfene Sondermodell Mercedes S 680 gezeigt. [Bild 19].

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Es ist geplant, dass Maybach zu einer reinen Elektromarke werden soll. Letztlich bedeutet dieses Konzept, dass die Marke „Maybach“, die einst einen klangvollen Namen hatte, zu einer Ausstattungslinie für betuchte chinesische Kunden verkommen ist. Es scheint, als wenn die gegenwärtige Führungsriege um Olaf Käsenuss keinen Bezug mehr zu der traditionsbehafteten Geschichte der Marke „Maybach“ hat. Eine ähnliche Einstellung konnte man ja unlängst schon beim Verkauf des legendären Uhlenhaut-Coupés beobachten. 

Wenig bekannt ist, dass es auch Maybach-Rennwagen gab. Jedoch hat Maybach im Motorsport nie eine besondere Rolle gespielt. Es waren Privatleute, die solche Wagen konstruierten. Dabei wurden riesige Maybach-Zeppelin-Motoren in Personenwagen-Fahrgestelle eingebaut, um auf Fahrten über kurze Distanzen Rekorde zu erzielen. Man könnte diese Wagen als Vorläufer der heutige Dragster ansehen. Mercedes-Benz hatte dem Museum zeitweise einen Maybach-Rennwagen von 1906 leihweise zur Verfügung gestellt, der über einen 11-Liter-Motor mit 120 PS verfügte. Leider war dieses Modell im Museum nicht mehr zu sehen. Allerdings steht im Technik-Museum in Sinsheim auch ein Maybach-Rennwagen von 1920 mit einem Motor, der aus 23 Litern Hubraum 300 PS produzierte und damit eine Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h erreichte. [Bild 20].

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Leider ist Genaueres über die Geschichte der Maybach-Rennwagen nicht bekannt. 

3. Motoren 

Der Name „Maybach“ ist im öffentlichen Bewusstsein mit den teuersten und luxuriösesten Autos der 20er und 30er Jahre verbunden. Gleichwohl ist dieses Segment gar nicht der Hauptumsatzträger der Maybach-Werke gewesen. Es ist ja bezeichnend, dass in den Werken lediglich die Fahrgestelle mit den entsprechenden Motoren hergestellt wurden. Die Karosserien wurden dann von den entsprechenden auf die jeweiligen Aufbauten spezialisierten Firmen hergestellt und mit dem Fahrgestell verbunden. Das bedeutet wiederum, dass selbsttragende Ganzstahlkarosserien gar nicht vorgesehen waren, was in der wirtschaftlich schwierigen Situation der 30er Jahre ein deutlicher Wettbewerbsnachteil war. Insgesamt wurden für die Personenkraftwagen von 1919 bis 1940 „nur“ 2.790 Motoren gebaut, wovon der größte Anteil (ca. 600 Stück) auf den Motortyp W 5 entfiel. Insgesamt gab es neun verschiedene Baureihen. 

Der fabrikmäßige Bau von Motoren hatte ja 1909 in der Luftfahrzeug-Motorenbau GmbH begonnen, wo bis zum Jahr 1926 ca. 3.000 Motoren (neun verschiedene Motortypen) für Luftschiffe, Flugboote und Flugzeuge gefertigt wurden. Von den damals gefertigten Aggregaten gibt es praktisch keine mehr 

Den weitaus größten Anteil an der Motorenfertigung stellt der Anteil der für militärische Zwecke gefertigten Motoren dar. Im Zeitraum von 1935 bis 1946 wurden über 70.000 Aggregate produziert, mit denen Panzer und Kampfwagen ausgerüstet wurden. Im Deutschen Reich waren während des Krieges fast 50.000 Panzer produziert worden. Insgesamt gab es 16 verschiedene Baureihen. Dabei handelte es sich um hoch spezialisierte Benzinmotoren, die sich im Kriegseinsatz den einfachen sowjetischen Dieselmotoren als unterlegen zeigten. Während des Krieges war es technisch und logistisch nicht mehr möglich, auf Dieselmotoren für Panzer umzustellen, zumal die Maybach-Motoren GmbH das einzige Unternehmen war, das praktisch alle Motoren für den militärischen Einsatz lieferte. 

Im Museum sind einige Motoren aus der damaligen Zeit ausgestellt; stellvertretend für die Vielzahl seien nur zwei Typen genannt: Der Maybach-Motor HL 120 TRM wurde in leichte Panzer eingebaut. [Bild 21].

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Dieser 12-Zylinder Otto-Viertakt-Motor produzierte aus 12 Litern Hubraum 300 PS. Insgesamt wurden über 40.000 Motoren dieses Typs gefertigt. Der Nachfolgemotor HL 230 P war ebenfalls ein 12-Zylinder Otto-Viertakt-Motor, hatte 23 Liter Hubraum, was für 700 PS reichte. Dieser Motor wurde vor allem in die Panzer ‚Panther’ und ‚Tiger‘ eingebaut. [Bild 22].

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Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verlagerte sich der Schwerpunkt im Motorenbau wieder auf die zivile Fertigung von Dieselmotoren für Schienenfahrzeuge, Boote und Schiffe und auch stationäre Anlagen. Dieser Geschäftszweig hatte bereit seit 1919 bestanden und wurde bis 1955 fortgeführt. Die genaue Anzahl der produzierten Aggregate ist nicht bekannt; sie dürfte aber in die Zehntausende gehen. Die Statistik listet 17 verschiedenen Baureihen auf. Beispielhaft sei hier der Maybach-Motor MD 650 genannt, mit dessen Entwicklung bereits 1937 begonnen worden war. [Bild 23] Dieser Motor war ein schnelllaufender Dieselmotor, der vor allem durch den Einbau in DB-Baureihe V 200 bekannt geworden ist. Er wurde aber auch in andere Diesellokomotiven und Schiffe eingebaut; insgesamt sind davon über 40.000 Stück hergestellt worden. Innerhalb der Typenreihe gab es Motoren mit einer Leistung von 330 bis 2200 PS. Daneben wurde aber auch die Fertigung von Motoren für den militärischen Bereich wieder aufgenommen. Beispielhaft hierfür steht der seit 1960 entwickelte Motor MB 838 CaM 500, ein aufgeladener Dieselmotor mit 37,4 Litern Hubraum und 830 PS, der auf einen Vielstoffbetrieb ausgelegt ist. [Bild 24] Dieser Motor wurde in den Panzer Leopard 1 und später in den Panzer Leopard 2 eingebaut. Motor, Kühlanlage sowie Schalt- und Lenkgetriebe waren in einem Triebwerksblock zusammengefasst, was einen schnellen Motorwechsel ermöglichte. 

Hier endet unser Rundgang durch das Maybach-Museum in Neumarkt. Bei einem Besuch erfährt man noch mehr über die umfassende Geschichte der Marke MAYBACH, als ich hier in diesem kurzen Bericht darstellen konnte. Auf jeden Fall gebührt Anna und Helmut Hofmann ein riesiger Dank für ihr Engagement, diese Geschichte in dieser faszinierenden Ausstellung zu erzählen. Wenn Sie einmal im Raum Nürnberg/Regensburg unterwegs sind, planen Sie einen Besuch ein! Es lohnt sich auf jeden Fall! 

Wolfgang Hackenberg

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190 SL-Revue • Beitrag • Besuch im EFA-Automuseum in Amerang • Beitrag

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Besuch im EFA-Automuseum in Amerang 

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Ende Mai machten wir gerade Urlaub am sonnigen Chiemsee, genossen die schöne Aussicht und besuchten natürlich auch die Frauen- und Herrenchiemsee- Inseln.

Das letzte Mal war ich 2010 hier vor Ort, als wir unser internationales 190 SL-Treffen auf Schloss Fuschl veranstalteten. Die Ausfahrt führte damals zum Chiemsee. 

Auch hatte ich unser schönes Wintertreffen nicht vergessen, dass der legendäre Maik Hirschfeld in Seon am Chiemsee organisiert hatte, der leider dann viel zu früh verstorben ist. 

Anlässlich dieses Wintertreffens besuchten wir auch das EFA-Automuseum in Amerang und ich dachte mir, dass wir wieder einmal in Amerang vorbeischauen sollten. 

Auf der Internetseite, viel mir auch gleich ein besonderes Event auf, „die Nacht der offenen Motorhaube“ im EFA- Museum auf. 

Gesagt getan, gegen 18 Uhr fuhren wir nach Amerang, um dieser besonderen Veranstaltung beizuwohnen. Wann hat ein Museum schon die Motorhauben der ausgestellten Fahrzeuge geöffnet? Die Besuchergruppe war leicht zu überschauen. Insgesamt waren wir nur 5 Personen, die dieses Angebot gebucht hatten. Im EFA-Museum wurden wir sehr herzlich begrüßt und ein Mitarbeiter, ging voraus in die Autoausstellung und öffnete bei fast allen Fahrzeugen, die Motorhauben. Ich schaute fasziniert unter alle Motorhauben und machte ein Foto nach dem anderen, während meine Petra, das Ganze nicht so spannend fand. Sind halt keine echten Pferde, nur viele Pferdestärken, die sich unter den Hauben verstecken! 

Dabei war die Ausstellung sehr gut sortiert und bei viele Raritäten lohnte sich der Blick nicht nur unter die geöffnete Motorhaube! Angefangen über einen NAG, der Messingära, standen hier in den neugestalteten Museumsräumen viele automobile Klassiker. So auch ein Kleinschnittger, ein Dixi, ein Ford Köln, ein Messerschmitt Kabinenroller, ein BMW 328 und 507, ein Horch 850 Pullmann Cabrio, ein Horch 853 Sportcabriolet, ein Mercedes 630 K und ein 500er Nürburg, ein Mercedes-Benz 500 853 Sportcabriolet, ein Mercedes 630 K und ein 500er Nürburg, ein Mercedes-Benz 500 Cabrio B und ein Mercedes – Benz 540 A Cabrio, der berühmte MAYBACH SW 42 und der nicht minder berühmte 300 SL „ Flügeltürer“, waren auch dabei. 

Es gab sehr viel zu sehen und zum Abschluss durften wir die nicht öffentliche Sammlung besichtigen. Hier standen noch einmal etwa 30 Fahrzeuge, unter anderem auch ein 190 SL, den ich mir natürlich genau anschaute. Der 190 SL war allerdings in einem nicht besonderen Zustand, eher ein Restaurierungsobjekt. Dass wusste auch der Begleiter des Museums. Wir führten noch ein langes Gespräch über die Arbeit und Erhaltung der Fahrzeuge im Museum, wovon die meisten auch fahrbereit sind und im Sommer genutzt werden. 

Der Abend im Museum hat mir viel Spaß gemacht und zum Ausgleich habe ich Petra, zu einem großen Eis eingeladen. 

Irgendwann 

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190 SL-Beitrag • 2022 • Alleine im Mercedes-Benz-Museum • Beitrag

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Alleine im Mercedes-Benz-Museum Der 190 SL vom NASA Astronaut David Randolph Scott

– Beitrag • 190 SL-Revue • 2022 • 1. Quartal –

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In zahlreichen Stammtisch Expertengesprächen geht es immer wieder um das eine große Thema, die Originalität von unseren Fahrzeugen und deren unterschiedlichen Bauteilen je nach Produktionszeitraum. Da stellt sich doch die Frage wo findet man heutzutage noch ein sehr originales Referenzfahrzeug, vielleicht doch beim Hersteller? 

Nach Rücksprache mit dem MB Classic Center in Fellbach wurden wir mit unserer Anfrage an das Mercedes-Benz-Museum verwiesen, da es zur damaligen Zeit von 1955 – 1963 noch keine sogenannten Bandabläufer gab, d.h. während der laufenden Produktion wurde das letzte Fahrzeug nicht verkauft, sondern direkt in den „Heiligen Hallen“ abgestellt und gesammelt. 

Am Montag, den 11. Oktober 2021 war es dann soweit. Mehrere begeisterte Teilnehmer*in vom Stammtisch Stuttgart bekamen die Gelegenheit einen originalen 190 SL im Mercedes-Benz-Museum zu besichtigen. An diesem Tag war das Museum für die Öffentlichkeit geschlossen, sodass wir die Möglichkeit hatten das Fahrzeug detailliert und ungestört von der Nähe zu untersuchen. Selbstverständlich wurde alle erforderlichen Corona Verordnungen eingehalten. Freundlich wurden wir vom Mercedes-Benz-Museum begrüßt und bekamen zuerst eine kleine Geschichte aus der „Lebensakte“ über das Objekt der Begierde erzählt. 

Im unrestaurierten Originalzustand befindet sich der offene Zweisitzer des NASA Astronauten David Randolph Scott im Mercedes-Benz-Museum. Ende der 1950er-Jahre stand R. Scott als Jetpilot im Dienst der US Air Force und war in den Niederlanden stationiert. Er kaufte den eleganten Roadster mit der graphitgrauen (DB190) Lackierung und erfüllte sich damit einen Jugendtraum. Am 2. März 1959 konnte er das Fahrzeug im Werk Sindelfingen abholen und unternahm damit Urlaubsreisen nach Schweden und Spanien. Als Scott 1960 in seine Heimat zurückkehrte, folgte ihm der Mercedes Roadster per Schiff und blieb noch viele Jahre in seinem Besitz. Im Jahr 2005 wurde das Fahrzeug der MB-Classic Fahrzeug Sammlung angeboten. Er war somit der erste und einzige Besitzer dieses Fahrzeuges. Mercedes Benz Classic bewahrt das Auto bewusst im Originalzustand auf; deshalb zeigen Lackierung und Innenausstattung noch die Spuren aus dem Alltagseinsatz. 

David Randolph Scott (* 6. Juni 1932 in San Antonio, Texas) war nicht nur Jetpilot sondern auch Luftfahrtwissenschaftler. Im Oktober 1963 wechselte er zur NASA. Schon drei Jahre später flog er an Bord der Gemini 8 zum ersten Mal ins Weltall. Am 26. Juli 1971 startete er als Kommandant von Apollo 15 und landete drei Tage später, am 31.07.1971 auf dem Erdtrabanten. Er war der siebte von bisher zwölf Menschen, die den Mond betreten haben. Bei dieser Mission spielte die wissenschaftliche Seite eine sehr große Rolle. Er führte in den 18 Stunden verschiedene Experimente in der Schwerelosigkeit durch und war auch der 1.Autofahrer auf dem Mond. Erstmals kam das Lunar Rover Mondauto (Rover 1) zum Einsatz und Scott und sein Kollege James B. Irwin fuhr mit gerade mal acht Stundenkilometern über die Mondoberfläche. Insgesamt haben die Beiden eine Strecke von 28 Kilometer auf dem Erdtrabanten zurückgelegt und dabei Gesteinsproben eingesammelt. Auf der Erde war der Astronaut lieber sportlich unterwegs und legte auch deutlich größere Strecken zurück. Der 190 SL befindet sich noch immer weitestgehend im Originalzustand. Auch die NASA Flight Research Center Plakette klebt heute noch an der Frontscheibe. 

Besondere Ausstattungsmerkmale sind das Roadster-Verdeck, Beckengurte für Fahrer- und Beifahrersitz sowie die Beschriftung aller Instrumente in englischer Sprache. 

Mit dem Aufzug ging es nun nach oben und dann kam der große Moment. Es wurden die Absperrungen beseitigt und man öffnete für uns das Museumsexponat, sodass wir das patinierte Einzelstück hautnah von innen und außen begutachten durften. Dabei wurden zahlreiche Fotoaufnahmen von Details erstellt. Am Anfang war es museumstypisch eher still und sehr ruhig bis nach einer gewissen Zeit Gedanken und Meinungen aktiv ausgetauscht wurden, insbesondere von unseren 55‘ Technik-Spezialisten. 

Was war nun unser Fazit von diesem einstündigen Besuch. Es war unheimlich toll und ein schönes Gefühl das Museum für uns ganz alleine zu haben. Wir waren uns am Ende sehr schnell einig, dass auch unrestaurierte Fahrzeuge in eine Sammlung und öffentlich ausgestellt gehören. Insbesondere Exponate mit so einer faszinierenden Historie wie mit diesem prominenten Vorbesitzer. Oldtimer wie dieser 190 SL sind sehr schöne originale Zeitzeugen und haben ihren unheimlichen Charme mit der vorhandenen Patina. War das Fahrzeug am Ende nun doch so original wie erhofft? 

Das MB Museum hatte im Vorfeld vor unserem Besuch mit dem Classic Center das Fahrzeug auf Originalität prüfen lassen und ist zu nachfolgenden Abweichungen gekommen: Zündkabel nicht korrekt verlegt, Ansaugschlauch (falsche Ausführung); rote Kühlwasserschläuche, Anschlusskabel vom Bremslichtschalter; Innenausstattung tlw. schwarz lackiert. Ein Blick unter die Schonbezüge zeigte den originalen cremefarbenen Lederbezug in einer wunderbaren Patina. Unsere detailverliebten Fachexperten fanden selbstverständlich noch weitere kleinere Unstimmigkeiten. 

Somit gab es jetzt keine neuen Erkenntnisse für unsere Club Spezialisten, dazu wurde zu viel im Laufe der Jahre an dem Fahrzeug verändert. Dennoch hat es allen sehr viel Spaß bereitet und wir sind dem Mercedes-Benz-Museum für dieses kleine Event sehr dankbar. Das Mercedes-Benz-Museum ist für uns viel mehr als eine Sammlung von Exponaten. Es ist fast unmöglich, das Museum zu verlassen, ohne während des Besuchs irgendwelche Informationen mitzunehmen oder Einsichten gewonnen zu haben. Diese Art von persönlichen Erinnerungen, die in einem Museum entstehen, verfallen nicht. Schön war’s. 

Markus Reinhart

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190 SL-Revue • 2021 • 01 • Das Oldtimermuseum VOSS im Münsterland

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Das Oldtimermuseum VOSS im Münsterland

– Beitrag • 190 SL-Revue • 2021 • 2. Quartal –

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Im Münsterland im kleinen Ort Darfeld befindet sich die Mehrmarkenwerkstatt ‚Autohaus VOSS’, die weit über die Grenzen der Region bekannt ist und in den letzten Jahren mehrfach als „Werkstatt des Vertrauens” ausgezeichnet worden ist. Einige unserer Club-Mitglieder werden sich noch daran erinnern, dass wir während des Sommertreffens 2002 in Münster am Nachmittag beim Autohaus VOSS zu Gast waren.

Angefangen hatte alles zu Beginn der 80er Jahre, als der heutige Seniorchef Otto Voss eine kleine Werkstatt in Darfeld gründete. Bereits in den 50er Jahren hatte er als Lehrling und Geselle in einer großen Mercedes-Vertretung in Münster an den damals aktuellen Mercedes-Fahrzeugen gearbeitet. In dieser Zeit ist auch die Liebe zu den damals gebauten Autos, die heute begehrte Oldtimer geworden sind, entstanden. So hat sich Otto Voss in seiner Werkstatt nicht nur um Alltagsfahrzeuge gekümmert, sondern von Anfang an auch Oldtimer repariert und restauriert. Nach dem Eintritt von Ralf Voss in den Betrieb wurde im Jahr 2001 ein neues größeres helles Betriebsgebäude an anderer Stelle bezogen. Als zusätzliches Geschäftsfeld wurde nun auch die Restaurierung von Oldtimern als eigene Abteilung in den Betrieb aufgenommen. Bereits zwei Jahre später wurde die Betriebsfläche auf das Doppelte vergrößert; und im Jahr 2004 wurde die Firma erstmals Bundessieger beim Wettbewerb „Werkstatt des Jahres”. Inzwischen ist auch der Enkel des Firmengründers Otto Voss, Niklas Voss, in die Firma eingetreten, so dass es sich um einen echten Drei-Generationen-Betrieb handelt. 

Die Oldtimer-Abteilung ist in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut worden, wobei auch auf die Ausbildung junger Menschen großer Wert gelegt wird. Kürzlich gab es einen Grund zum Feiern: Der Mitarbeiter Kai-Simon Eden wurde als bester Auszubildender der Handwerkskammer Münster im Bereich Karosserie- und Fahrzeugbau geehrt. Ministerpräsident Armin Laschet zeichnete ihn als Landessieger in Aachen aus. Nach diesem Erfolg landete Kai-Simon Eden beim Bundesvergleich in Frankfurt auf einem sensationellen dritten Platz – wodurch auch das Unternehmen als Ausbildungsbetrieb geehrt wurde. 

Im Juni 2013 wurde dann das neu erbaute Oldtimer Classic-Center feierlich eröffnet. Dieses überaus sehenswerte Museum stellt eine gelungene Verbindung von historischen Automobilen mit Kunst und Kultur dar. Ich möchte Sie zu einem kleinen Rundgang durch das Museum einladen und Ihnen einige besonders sehenswerte Stücke vorstellen. Den Schwerpunkt bildet natürlich eine Vielzahl von interessanten Oldtimern und kultigen Motorräder.

Pat Clancy Six-Wheeler” aus dem Jahr 1948, der in den USA seinerzeit beim Indianapolis-500-Rennen eingesetzt worden war und dort durchaus konkurrenzfähig war. Also lohnt es sich, immer mal wieder einen Blick in das Oldtimermuseum zu werfen – man wird immer wieder etwas Neues entdecken. dern aus vergangenen Epochen. In den umlaufenden Vitrinenwänden kann man neben zahlreichen Raritäten und besonderen Fundstücken über 1000 Sammlerstücke von Oldtimern und Rennwagen im Miniaturformat bewundern. Auch die von dem Seniorchef in langen Jahren bei Wettbewerben errungenen Pokale sind dort ausgestellt. Daneben geben unzählige Ausstellungsstücke aus den 50er und 60er Jahren dem Museum ein ganz besonderes Flair, wie man es kaum woanders finden kann. Alles ist überaus liebevoll arrangiert. Ein Anziehungspunkt ist auch ein Areal mit „Scheunenfunden“ – alten, rostigen Motorrädern, Treckern, Autos und Alltagsgegenständen, die so belassen wurden, wie sie entdeckt worden sind. Dieser Bereich mutet an wie ein lebensgroßes Diorama mit einem Porsche 911, der auf seine Restaurierung wartet. Da gibt es viel zu sehen – ältere Besucher entdecken Gegenstände aus ihrer Kindheit; und jüngere Besucher sind fasziniert von der Lebenswelt früherer Generationen. Auf einem zeitgenössischen Röhrenfernseher springt unentwegt das legendäre HB-Männchen umher. Natürlich gehören Gegenstände, wie sie damals rund um das Autofahren gang und gäbe waren, dazu: historische Zapfsäulen, Ausrüstungsgegenstände der Werkstätten usw. Zu den vielen Ausstellungsraritäten zählen unter anderem Boxhandschuhe von Henry Maske und Schuhe (Größe 52) des Basketball-Superstars Dirk Nowitzki. Alle original getragen und natürlich handsigniert. An den Hallenwänden kann man Acrylbilder mit Motiven aus der Motorsportwelt bewundern. Die Ausstellungsstücke werden immer mal wieder ausgetauscht, wenn es beispielsweise um bekannte Kultfahrzeuge aus TV-Serien oder spezielle Rennwagen geht. So konnte man vor einiger Zeit im Museum einen ausgesprochen seltenen Rennwagen bewundern, den legendären „

In der Halle steht auch der erste Oldtimer des Seniorchefs Otto Voss, ein dunkelroter Mercedes-Benz 190 SL. Dieser Wagen hatte einen prominenten Vorbesitzer: nämlich den seinerzeit vor allem durch seine Fernsehauftritte bekannten „Zaubergeiger” Helmut Zacharias. Nebenbei bemerkt: Vergleicht man die Porträts von Otto Voss und Helmut Zacharias, so stellt man eine gewisse Ähnlichkeit im Gesichtsausdruck fest. Ein Zufall? Wie auch immer – der Wagen wurde in den 80er Jahren komplett restauriert und zeigt sich heute in einem erstklassigen Zustand. Ursprünglich war der 190 SL innerhalb kurzer Zeit auf Anregung des amerikanischen Importeurs Max Hoffmann konzipiert worden und 1954 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden. Trotz des für damalige Verhältnisse hohen Grundpreises von 16.500 DM wurden 25881 Exemplare gebaut. In der Ausstellung hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen und neben dem Fahrzeug einen „Motortester” mit einer alten Mercedes-Schreibmaschine arrangiert – so hätte es sein können; allerdings musste damals alles noch von Hand überprüft und eingestellt werden! 

Gar nicht zu übersehen ist ein amerikanisches Feuerwehrfahrzeug – eine American LaFrance fire engine, die ursprünglich in Abilene (200 Kilometer westlich von Dallas) beim dortigen „fire departement” stationiert war. American LaFrance (ALF) war ein Hersteller von Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen in Summerville, South Carolina, USA, mit einer bis in das Jahr 1832 zurückreichenden Geschichte. 2014 wurde der Geschäftsbetrieb eingestellt, nachdem bereits 1985 das letzte Feuerwehrfahrzeug gefertigt und ausgeliefert worden war. Im Jahr 1947 war mit der Produktion der „700 Pumper-Serie” begonnen worden. Angetrieben wurden die Fahrzeuge von einem V 12-Motor; seit 1955 wurden New-Economy-Modellpumpen verbaut, die von einem Continental-Motor angetrieben wurden und bis zu 1500 Gallonen pro Minute fördern konnten. Bis zum Produktionsende 1959 waren über 3.000 Fahrzeuge gebaut worden. 

Bei dem ausgestellten Fahrzeug handelt es sich um ein seltenes „open cap” Modell aus dem Jahr 1956 mit 10,5 Ltr. Hubraum und 170 PS. Diese offenen Modelle werden, wenn sie ausrangiert sind, gerne für Paraden etc. genutzt. Darum sind sie außerhalb der USA kaum zu finden. Das hier ausgestellte Modell ist das einzige in Europa existierende Modell! Lediglich im Technikmuseum in Sinsheim gibt es einige geschlossene Fahrzeuge (mit Dach) des Herstellers American LaFrance zu bestaunen. Der Seniorchef Otto Voss ist auf dieses Exponat ganz besonders stolz, zumal er selbst lange Zeit aktives Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr in Darfeld war. 

Beim Rundgang durch die Halle bleibt das Auge unwillkürlich an einem Mercedes 250 SE 111er Coupé aus dem Jahr 1966 hängen, der komplett mit Briefmarken beklebt ist. Bei diesem „Briefmarken-Mercedes” handelt es sich eigentlich um ein „Schlachtfahrzeug”, das als Ersatzteilträger für andere Fahrzeuge des gleichen Typs dienen sollte. Im Jahr 2015 entstand die „Wahnsinnsidee”, dieses Fahrzeug mit Zehntausenden von Briefmarken zu bekleben, was die Auszubildenden der Firma VOSS in mehreren Wochen in ihrer Freizeit geschafft haben. Der bisherige Rekord war von einem VW Käfer mit 50.325 Briefmarken gehalten worden (heute im VW Museum in Wolfsburg). Dieser Rekord wurde nun mit über 70.000 Marken deutlich übertroffen – und somit war der Eintrag ins „Guinness Buch der Rekorde” gesichert. 

Neben dem „Briefmarken-Mercedes” fällt ein bemaltes Modell der S-Klasse (Typ 126) auf. Es handelt sich um einen 260 SE aus dem Jahr 1986. Dieses Modell wurde von dem Kunstmaler Hans-Jörg Franz aus Freiburg zusammen mit seinem Kollegen Miloslav Hlavacek gestaltet. Der Künstler entwickelte seine einzigartige Technik in einem Selbststudium. Normalerweise widmet er sich in seinen Kunstwerken Sachen, Tiere, Porträts, Landschaften. Aber auch expressionistische Kunstwerke in einer ganz besonderen Art des „Action-paintings” sind charakteristisch für sein Schaffen. Insofern stellte die Gestaltung einer PKW-Karosserie eine ganz besondere Herausforderung dar, die hier in glänzender Weise gelöst wurde – ein Fest für die Augen des Betrachters! 

In der Halle befinden sich nicht nur rassige Sportwagen und exklusive Oldtimer, sondern auch Alltagsautos aus den 50er und 60er Jahren. In den 50er Jahren forderten viele Menschen, die bislang auf zwei Rädern unterwegs gewesen waren, immer stärker ein „Dach über dem Kopf”. So entstand bei dem ehemaligen Landmaschinenhersteller GLAS die Idee für einen Kleinstwagen. Auch wenn der Platz im Innenraum äußerst knapp bemessen war, war das Goggomobil für viele Menschen damals das erste vollwertige Auto. Die kleine Stufenheck-Limousine wurde immerhin von 1955 bis 1969 gebaut! In der Ausstellung findet man neben einem Exemplar der Limousine auch die zweisitzige Coupé-Variante, die auf der Basis der Limousine aufbaute und mit der für die damalige Zeit typischen Panoramascheibe im Heck äußerst elegant wirkte. Ich erinnere mich heute noch gerne daran, wie ich als Jugendlicher mehrmals in diesem rassigen Goggomobil Coupé mitfahren durfte. 

Vor sieben Jahren kam in dem Oldtimermuseum noch ein weiteres Schmankerl dazu: eine zwölf Quadratmeter große Modellbahnanlage mit der Spurweite G, die von Markus Orszechowski aus Ahaus erbaut worden ist. Die Anlage zeigt die Welt aus den 50er Jahren, wie sie damals im landwirtschaftlich geprägten Münsterland gang und gäbe war. Also gehören ein Bauernhof, eine Landmaschinenwerkstatt und eine Windmühle dazu. Solche Windmühlen stehen heute noch an verschiedenen Orten im Münsterland (mittlerweile werden sie ja allerorten von den Windrädern zur Energieerzeugung abgelöst). Alle Traktorenmodelle entsprechen historischen Vorbildern; und zwischen Windmühle und Bauernhof hat sich ein VW Samba-Bus aus den 50ern verirrt. Mittelpunkt ist eine schmalspurige LGB-Feldbahn (24141) im Maßstab 1:22,5, wie sie früher zum Beispiel in Ziegeleien, Sandgruben und in der Landwirtschaft eingesetzt wurde. Vorbild für die Feldbahnlokomotive war vermutlich eine Lokomotive der Firma Orenstein und Koppel in Berlin-Babelsberg aus dem Jahr 1910, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Münster als Trümmerbahn eingesetzt worden war (und heute dort auf dem Kalkmarkt zu bestaunen ist). An der anderen Ecke der Anlage steht ein Modell der Rangierlokomotive (Baureihe 360) der Deutschen Bahn. Im Norden Deutschlands gibt es zum Teil heute immer noch solche Feldbahnen. Natürlich ist die Modellbahn fahrbereit, was vor allem bei Kindern beliebt ist. Die Anlage ist äußerst liebevoll gestaltet und bildet eine wunderschöne Ergänzung zu den ausgestellten Fahrzeugen und Accessoires

Wenn man den Blick in die Höhe auf das Hallendach richtet, erblickt man ein Holzmodell. Bei näherem Hinsehen stellt man fest, dass die Umrisse dem Mercedes-Benz 300 SL-Flügeltürer ähneln. Und tatsächlich handelt es sich um eines der zwei deutschlandweit noch erhaltenen Modelle aus dem Jahre 1952, auf welchem die die Karosseriebleche für den Sportwagen W 194 geformt wurden, welcher auf Anregung des Vorstandsvorsitzenden Wilhelm Haspel für die Teilnahme an wichtigen Sportwagenrennen konzipiert worden war. Am 12. März 1952 wurde der Presse das Rennsportcoupé Mercedes-Benz 300 SL auf der Autobahn A 81 zwischen Stuttgart und Heilbronn vorgestellt. 1952 nahm das Fahrzeug an wichtigen Sportwagenrennen des Jahres teil; und am Jahresende siegte der 300 SL (mit den Fahrern Karl Kling und Hans Klenk) unerwartet bei dem Straßenrennen ‚Carrera Panamericana’ in Mexiko (obwohl ein Geier die Windschutzscheibe zerstört hatte). Damit knüpfte Mercedes-Benz an die großen Erfolge im Rennsport vor dem Zweiten Weltkrieg an. Erst auf die Anregung des US-Importeurs Max Hoffmann wurde dann in Stuttgart auf der Basis des W 194 der legendäre 300 SL mit den Flügeltüren konzipiert und im Februar 1954 auf der „International Motor-Show“ in New York ein Prototyp des Mercedes-Benz 300 SL Gullwing W 198 in Straßenversion gezeigt. Zeitgleich wurde übrigens auch ein Prototyp des 190 SL dem Publikum präsentiert. Das Rückgrat des 300 SL bildet ein verwindungssteifer Gitterrohrrahmen aus dem Rennwagen von 1952. Die Karosserie wurde von Chefstilist Friedrich Geiger gestaltet, der sich seit den 30er-Jahren einen Namen als Mercedes-Chef-Designer erworben hatte. Insofern handelt es sich bei diesem ausgestellten Exponat um ein ganz besonderes Stück, das eng mit der Rennhistorie von Mercedes-Benz verknüpft ist! 

Beim Anblick eines verhüllten Autos denkt man unwillkürlich an den Verhüllungskünstler Christo – und tatsächlich ist dieser Christo VW Käfer ein Stück Erinnerung an den vor einem Jahr verstorbenen legendären Künstler. Der hatte sich nämlich 1961 in Düsseldorf den VW Käfer eines Freundes geliehen und für eine Ausstellung in Düsseldorf verhüllt. Drei Stunden hatte der Künstler damals für das Verhüllungswerk gebraucht. Christo war von der gewagten Form des Käfers fasziniert gewesen wie auch von der Geschichte des Volkswagens, der nach dem Zweiten Weltkrieg millionenfach gebaut worden war und wie kaum ein anderes Auto für die Massenmotorisierung stand. In Erinnerung an diese Aktion wurde diese Replik (mit Unterstützung des Kunsthauses Zimmermann & Heitmann in Dortmund) entworfen und umgesetzt. 

Hier konnten nur einige besonders sehenswerte Ausstellungsstücke beschrieben werden. Es lohnt sich, diesem liebevoll gestalteten Museum im Münsterland einmal einen Besuch abzustatten. Es ist während der üblichen Geschäftszeiten geöffnet; der Eintritt ist kostenlos. Natürlich gibt es z.Zt. bedingt durch die die Corona-Pandemie eventuelle Zugangsbeschränkungen – darum ist es empfehlenswert, sich vorher über die momentane Lage vor Ort zu informieren. Vielleicht lässt sich auch einmal eine kleine regional begrenzte Ausfahrt mit unseren 190 SL organisieren – die Inhaberfamilie würde sich freuen und Sie herzlich willkommen heißen! 

Wolfgang Hackenberg

Bilder

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190 SL-Revue • Beitrag • Das Oldtimermuseum VOSS im Münsterland • 2021

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Das Oldtimermuseum VOSS im Münsterland

– Beitrag in der 190 SL-Revue • 2021-02-

Beitrag • Vorwort

Im Münsterland im kleinen Ort Darfeld befindet sich die Mehrmarkenwerkstatt ‚Autohaus VOSS’, die weit über die Grenzen der Region bekannt ist und in den letzten Jahren mehrfach als „Werkstatt des Vertrauens” ausgezeichnet worden ist. Einige unserer Club-Mitglieder werden sich noch daran erinnern, dass wir während des Sommertreffens 2002 in Münster am Nachmittag beim Autohaus VOSS zu Gast waren.

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