190 SL-Revue • 2021 • 02 • Rudolf Carraciola

Quelle: 190 SL-Revue

Caracciola gewinnt 1931 auf Mercedes-Benz SSKL

– Beitrag • 190 SL-Revue • 2021 • 2. Quartal –

Beitrag

Presse-Information 6. April 2021 

  • Erster Nichtitaliener als Sieger des strapaziösen Straßenrennens in Italien 
  • Ein wichtiger Motorsporterfolg für Mercedes-Benz in wirtschaftlich schwierigen Zeiten 

Stuttgart. Was für ein Überraschungssieg: Der große und trotz zahlreicher Erleichterungsmaßnahmen immer noch schwere Mercedes-Benz SSKL (W 06 RS) mit Rudolf Caracciola am Steuer gilt gegenüber der italienischen Konkurrenz nicht als Favorit bei der fünften Auflage der Mille Miglia am 12. und 13. April 1931. Doch das Team aus Stuttgart bewältigt die 1.635 Kilometer lange Strecke von Brescia nach Rom und zurück schneller als alle Lokalmatadore: Caracciola und sein Beifahrer Wilhelm Sebastian kommen nach 16 Stunden, 10 Minuten und 10 Sekunden ins Ziel. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 101,6 km/h, allein das ist eine Sensation. Denn kein Fahrer zuvor hat jemals einen Schnitt von mehr als 100 km/h erreicht. Und schließlich ist Caracciola der erste nichtitalienische Fahrer, der die Mille Miglia gewinnt. 

Die ursprüngliche Mille Miglia wird von 1927 bis 1957 ausgetragen. Seit 1977 ist sie eine Gleichmäßigkeitsveranstaltung für historische Fahrzeuge und gehört heute als 1000 Miglia zu den weltweit populärsten Events für klassische Automobile. In diesem Jahr ist die 1000 Miglia für die Zeit vom 16. bis 19. Juni 2021 geplant. 

Mille Miglia 1931: 151 Teams sind für das Straßenrennen gemeldet. Die Strecke verläuft von Brescia über Parma nach Bologna, von dort über den Apennin nach Florenz und Siena bis Rom. Zurück geht es über Perugia und Macerata an die Adria und über Rimini, Bologna und Verona zurück nach Brescia. Die italienischen Teams haben einen Heimvorteil hinsichtlich der Streckenkenntnis und ebenso der Versorgung. „Die Strecke war mit Ersatzteillagern geradezu gepflastert“, sagt Rudolf Caracciola im Rückblick, „wir dagegen mussten sparen.“ Rennleiter Alfred Neubauer kann lediglich vier Depots entlang der Strecke aufbieten, um die als Privatteam auftretende Mannschaft Caracciola/Sebastian zu unterstützen. 

Das Fahrzeug: Offiziell heißt der Rennsportwagen zu diesem Zeitpunkt noch „SSK Modell 1931“. Die Bezeichnung SSKL („Super-Sport-Kurz-Leicht“) trägt das Fahrzeug erst ab 1932. Es wird als viertes und letztes Modell der legendären S-Reihe in nur vier Exemplaren ausschließlich für den Renneinsatz gebaut. Mit großem Aufwand gelingt es dem Team um Entwicklungsvorstand Dr. Hans Nibel, den nicht mehr ganz modernen Rennwagen wettbewerbsfähig zu halten. Mit einem dünnwandigeren Rahmen und zahlreichen Bohrungen wird das Leergewicht um 125 Kilogramm auf 1.352 Kilogramm gesenkt. Auch der Sechszylindermotor mit 7.069 Kubikzentimetern ist gründlich überarbeitet. Mit zugeschaltetem Roots-Kompressor leistet er 221 kW (300 PS). Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 235 km/h. 

Der Rennverlauf: Am 12. April 1931 um 15:12 Uhr gehen Caracciola/Sebastian auf die Strecke. Die Straßen sind eng, führen über Pässe, erst gegen Ende des Rennens kann Caracciola über viele Kilometer hinweg mit Vollgas fahren. Es ist eine große Leistung für den eher schmächtigen Rennfahrer, den schweren Mercedes-Benz schnell und scheinbar mühelos zu bewegen. Er selbst sagt: „Sechzehn Stunden lang saß ich am Lenkrad, sechzehn Stunden lang donnerten wir längs und quer durch Italien, tasteten uns am Strahlenbündel der Scheinwerfer durch die Nacht, fuhren hinein in das blendende Licht des Frühlingsmorgens, … sechzehn Stunden lang hatte ich im Riesenfeld von mehreren hundert Wagen keine Ahnung, wie ich lag.“ Zur Rückkehr nach Brescia sagt Caracciola: „Im Ziel ist Alfred Neubauer völlig aus dem Häuschen, führte einen völlig verrückten Tanz auf. Was war hier eigentlich los? Ich begriff es zuerst nicht, noch nicht, aber langsam dämmerte es mir: Ich hatte die tausend Meilen gewonnen.“ Hinter ihm folgen 31 Fahrzeuge italienischer Herkunft, bevor es mit einem Graham-Paige auf Platz 32 weitergeht. 

Schwieriges Jahr 1931: Der Zusammenbruch der Börse in New York im Oktober 1929 hat dramatische Folgen für die Weltwirtschaft, auch die Automobilindustrie. In Deutschland fällt die Fahrzeugproduktion von 139.869 Fahrzeugen im Jahr 1929 auf 88.435 Fahrzeuge im Jahr danach und auf 64.377 Einheiten 1931. Der Umsatz der damaligen Daimler-Benz AG sinkt ebenfalls um rund die Hälfte auf 68,8 Millionen RM. Der Vorstand handelt: Mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage stoppt er 1930 die Entwicklung des neuen „Rennwagens Modell 1931“. Trotz der gewonnenen Europa-Bergmeisterschaft 1930 erhält Werksfahrer Caracciola die Kündigung. Rennleiter Alfred Neubauer gelingt es jedoch, mit ihm eine Vereinbarung zu treffen, die eine Werksunterstützung in geringem Umfang und die Bereitstellung eines SSKL vorsieht. Caracciola verpflichtet sich im Gegenzug, „im Sportjahr 1931 bei Rennen und sportlichen Veranstaltungen ausschließlich für Daimler-Benz tätig zu sein“. Das Programm 1931 fällt kleiner aus als geplant, führt aber dennoch bei elf Starts zu elf Siegen sowie zur Verteidigung des Titels „Europa-Bergmeister“. 

Rudolf Caracciola: Der Werksfahrer von Mercedes-Benz ist der Star der ersten Silberpfeil-Epoche in den 1930er-Jahren. 1935, 1937 und 1938 wird er Grand-Prix-Europameister. Dieser Titel ist vom sportlichen Rang her vergleichbar mit der seit 1950 bestehenden Formel-1-Weltmeisterschaft. Außerdem wird er drei Mal Europa-Bergmeister auf Mercedes-Benz. Caracciola wird am 30. Januar 1901 in Remagen geboren und stirbt am 28. September 1959 im Alter von nur 58 Jahren. 

Tausend italienische Meilen: Einen Mille-Miglia-Rekord für die Ewigkeit halten Stirling Moss und Denis Jenkinson. Mit ihrem Mercedes-Benz 300 SLR (W 196 S) legen sie das berühmte Straßenrennen 1955 in 10 Stunden, 7 Minuten und 48 Sekunden zurück. Ihr Durchschnittstempo von 157,65 km/h wird seitdem nicht mehr überboten. 1957 ist das letzte Austragungsjahr der ursprünglichen Mille Miglia als Straßenrennen. Mehrere schwere Unfälle führen zum Stopp. 20 Jahre später erlebt sie als Gleichmäßigkeitsveranstaltung ihre Wiederauferstehung und erfreut sich seitdem größter Beliebtheit bei Teilnehmern wie Publikum. Startberechtigt sind Fahrzeuge, deren Typ bei der ursprünglichen Mille Miglia zwischen 1927 und 1957 teilgenommen hat. Zur heutigen 1000 Miglia starten meist mehr als 400 historische Fahrzeuge, und viele Hunderttausend Zuschauer verfolgen das Feld entlang der Strecke. Mercedes-Benz unterstützt die Veranstaltung als Global-Automotive-Partner regelmäßig mit dem Einsatz berühmter Klassiker und bekannter Rennfahrer. 

Im Spiegel der Presse: In Ausgabe 9/1931 kommentiert die renommierte „Allgemeine Automobil-Zeitung“ Caracciolas Erfolg im Duktus der damaligen Zeit: „In reichsdeutschen Blättern haben wir von einem Erfolg der Deutschen Automobil-Industrie gelesen. Mit Verlaub, wir sind der Meinung, dass man da nicht generalisieren soll. Es war ein Erfolg von Mercedes-Benz, den man nicht auf die deutsche Automobil-Industrie aufteilen darf, denn außer Mercedes-Benz gibt es in ganz Deutschland keine Automobilmarke, die sich an einem großen internationalen Rennen beteiligen könnte. […] Man mag über die Rennen denken, wie man will, so bedeuten sie für die siegreiche Marke immer noch die beste Reklame, die wenige Stunden nach dem Rennen sich über die ganze Welt verbreitet.“ 

Presse-Information 6. April 2021

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190 SL-Revue • Beitrag • 2021 • Caracciola gewinnt 1931 auf Mercedes-Benz SSKL

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Legendärer Sieg bei der Mille Miglia vor 90 Jahren: Caracciola gewinnt 1931 auf Mercedes-Benz SSKL

– Beitrag in der 190 SL-Revue • 2021-02-

Beitrag • Vorwort

  • Presse-Information 6. April 2021 
  • Erster Nichtitaliener als Sieger des strapaziösen Straßenrennens in Italien 
  • Ein wichtiger Motorsporterfolg für Mercedes-Benz in wirtschaftlich schwierigen Zeiten 
  • Aktuelle Neuauflage: 1000 Miglia vom 16. bis 19. Juni 2021 geplant

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190 SL-Revue • 2021 • 01 • Rudolf Carraciola • Beitrag

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Beitrag

  • Vor 120 Jahren wird der berühmte Motorsportler geboren 
  • Drei Mal Grand-Prix-Europameister und drei Mal Europa-Bergmeister auf Mercedes-Benz in den 1930er-Jahren 
  • Sein Weltrekord auf öffentlicher Straße über 432,69 km/h von 1938 besteht 79 Jahre lang 
  • Vor 90 Jahren gewinnt er auf Mercedes-Benz SSKL als erster Nichtitaliener die Mille Miglia

Stuttgart. Große Rennfahrer prägen mit ihren Sporterfolgen immer wieder ganze Epochen. Beispielsweise Rudolf Caracciola: Der Werksfahrer von Mercedes-Benz ist der Star in der ersten Silberpfeilepoche in den 1930er-Jahren. 1935, 1937 und 1938 wird er Grand-Prix-Europameister. Dieser Titel ist vom sportlichen Rang her vergleichbar mit der seit 1950 bestehenden Formel-1-Weltmeisterschaft. Vor 120 Jahren, am 30. Januar 1901, wird Rudolf Caracciola in Remagen geboren. Viele Erfolge, aber auch manche Tragödie begleiten das Leben des Sportsmanns, der am 28. September 1959 in Kassel im Alter von nur 58 Jahren stirbt. 

Lebe deinen Traum: Als Lewis Hamilton am 15. November 2020 nach seinem Sieg beim Großen Preis der Türkei als siebenfacher Weltmeister feststeht, sagt er im ersten Interview nach der Zieldurchfahrt: „Träume das Unmögliche, lebe deinen Traum und gib niemals auf!“ Rudolf Caracciola wählt in seiner 1958 erschienenen Biografie „Meine Welt“ ganz ähnliche Worte: „Ich glaube, dass jeder Mensch alles erreichen kann, was er will. Ich wollte Rennfahrer werden, von meinem vierzehnten Lebensjahr an.“ 

Meister aller Klassen: Heute sind die Grand-Prix-Piloten Spezialisten, die sich voll und ganz auf Formel-1-Rennen konzentrieren. Bis weit in die 1970er-Jahre hinein war das anders. Formel 1, Formel 2, Sportwagen- und Tourenwagenrennen, Bergrennen und selbst Rallyes füllten die Terminkalender der Stars am Steuer. Auch Rudolf Caracciola, dessen Karriere gleich mehrere Automobil- und Rennwagenepochen begleitet, beweist eine immense Bandbreite des fahrerischen Könnens. Seine ersten Erfolge in den 1920er-Jahren machen die damalige Daimler-Benz AG auf ihn aufmerksam. Er wird Werksfahrer und erhält Fahrzeuge der berühmten S-Reihe. 1929 gewinnt er beispielsweise auf der Isle of Man mit dem Mercedes-Benz Typ SS die „International Tourist Trophy“ über knapp 660 Kilometer. Bei Bergrennen sichert er sich dreimal in Folge den Titel als Europa-Bergmeister: 1930 und 1931 auf Mercedes-Benz (SSK und SSKL) und 1932 auf Alfa Romeo (2,6 Liter Monoposto). Mit dem Typ SSKL holt er sich 1931 als erster ausländischer Rennfahrer den Sieg bei der Mille Miglia. Es folgen die zahlreichen Triumphe in den hochpotenten Grand-Prix-Rennwagen von Mercedes-Benz und Alfa Romeo. Aber es geht noch viel schneller: Am 28. Januar 1938 wird Caracciolas Mercedes-Benz Rekordwagen auf der Autobahn Frankfurt–Heidelberg über den fliegenden Kilometer mit 432,69 km/h gemessen. Erst 79 Jahre später übertrifft am 4. November 2017 ein Koenigsegg Agera RS auf einer Bundesstraße in Nevada/USA diesen absoluten Geschwindigkeitsrekord auf öffentlicher Straße. 

Der Regenmeister: Am 11. Juli 1926 stellt die gerade gegründete Daimler-Benz AG für Caracciola einen Mercedes 2-Liter-/8-Zylinder-Rennwagen mit Kompressor für den ersten Großen Preis von Deutschland auf der Berliner Avus bereit. Vor 230.000 Zuschauern fährt dieser als letzter von 38 Teilnehmern los. Im Rennen setzt sintflutartiger Regen ein. Doch Caracciola fährt bis ganz nach vorn und erwirbt sich den Ruf des „Regenmeisters“. Es ist sein Durchbruch zum ganz großen Rennfahrer. 

Die Silberpfeile: Mercedes-Benz W 25 heißt 1934 der erste aller Silberpfeile, konstruiert nach der 750-Kilogramm-Formel. Er hat eine Leistung von zunächst 260 kW (354 PS) und später bis 363 kW (494 PS). Mit einer Höchstgeschwindigkeit von gut 300 km/h bewegt er sich bereits annähernd im Bereich des Mercedes-AMG F1 W11 EQ Performance aus dem Jahr 2020. Der W 25 ist Hightech der damaligen Zeit. Vollkommen normal ist beispielsweise noch bis in die 1950er-Jahre hinein, dass der Fahrer weder angeschnallt ist noch Helm trägt. Völlig ungeachtet dessen, dass etwa die aufzubringenden Lenk- und Bremskräfte erheblich sind und ihn keinerlei Elektronik oder Funkverbindung zur Box unterstützt. 

Führend: In seiner ersten Saison ist der W 25 durchaus erfolgreich – unter anderem mit zwei Siegen in „Grandes Épreuves“. Ganz im Zeichen Caracciolas und des weiterentwickelten W 25 steht dann das Jahr 1935 mit dem überlegenen Sieg in der Grand-Prix-Europameisterschaft. 1937 tritt die Marke mit dem neuen W 125 an, und wieder dominiert Caracciola die Grand-Prix-Saison. 1938 tritt die nächste Rennwagenformel in Kraft. Mercedes-Benz setzt den W 154 ein. Am Jahresende heißt der Europameister erneut Caracciola. Im Rückblick urteilt Teamkollege Manfred von Brauchitsch über den Fahrstil des Champions: „Rudolf ist vielleicht der Größte überhaupt, weil er es fertigbrachte, wie auf Schienen zu fahren. Er war ein reiner, nüchterner, eiskalter Verstandesfahrer.“ 

Unfall mit Folgen: Rückblende in die Zeit der Weltwirtschaftskrise um 1930. Die großen Hersteller ziehen sich aus dem Motorsport zurück. Um weiter fahren zu können, gründet Rudolf Caracciola daher 1933 gemeinsam mit dem Freund und Rennfahrerkollegen Louis Chiron den privaten Rennstall Scuderia CC. Bei Trainingsfahrten für den Großen Preis von Monaco am 23. April 1933 stellt sich sein Alfa Romeo quer und prallt seitlich auf eine Steintreppe. Caracciolas Hüfte ist zertrümmert. Viele Monate verbringt er im Krankenhaus, das rechte Bein wird für immer fünf Zentimeter kürzer bleiben als das linke. Schmerzen werden zum ständigen Begleiter. Alfred Neubauer, der langjährige Rennleiter von Mercedes-Benz, sagt Jahre später: „Es ist das Heldenhafte an Caracciola und hat etwas Übermenschliches, dass er seine allergrößten Jahre 1934 bis 1939 mit diesem körperlichen Defekt bewältigte.“ 

Der Rivale: Teamintern bekommt Caracciola im Jahr 1939 eine ebenbürtige Konkurrenz. Der ehemalige Rennmechaniker Hermann Lang ist nicht nur sehr schnell, sondern wird zumindest in den Augen Caracciolas bei Technik und Taktik deutlich bevorzugt. Caracciola beschwert sich beim Vorstand über die Benachteiligung in einem langen Brief und fordert, „mit gleichen Waffen wie seine Stallgefährten“ kämpfen zu dürfen. Die Drohung eines Rückzugs macht er allerdings nicht wahr. Am 23. Juli 1939 und damit nur wenige Wochen vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ist es dann wieder Caracciola, der gewinnt: den Großen Preis von Deutschland – zum sechsten Mal nach 1926, 1928, 1931, 1932 und 1937. 

Privatleben: Noch zu Beginn seiner Karriere heiratet Caracciola 1926 seine Berliner Freundin Charlotte, genannt „Charly“. In seiner Biografie schreibt er: „Ich habe das gemeinsame Leben mit Charly […] unter die harten Gesetze meines Berufes gestellt. Sie half mir beim Training, sie kontrollierte meine Zeiten und die Zeiten meiner Gegner und sorgte für die nötige Entspannung nach schweren Monaten der Rennsaison.“ Im Winter 1933/1934 überredet er seine Frau, eine begeisterte Skifahrerin, an einem Skiausflug teilzunehmen. Charly Caracciola kehrt nicht zurück, sie wird Opfer eines Lawinenabgangs. Der leise und zurückhaltende Rennfahrer kapselt sich ab. Louis Chiron kümmert sich gemeinsam mit seiner Partnerin Alice Hoffmann-Trobeck um ihn. Diese und Caracciola finden zueinander, sie heiraten am 19. Juni 1937. Die weltgewandte und selbstständige Frau sagt später, dass sie sich bei Rudi geborgen fühle, das habe sie beim charmanten Monegassen Chiron vermisst. 

Nachkriegsjahre: Die sechs Jahre des Zweiten Weltkriegs verbringt Rudolf Caracciola größtenteils in seiner Villa in Lugano-Ruvigliana hoch über dem Luganer See. Mercedes-Benz kann den bereits fixierten Rennvertrag nicht erfüllen. Als „widerrufliche Beihilfe“ erhält er jedoch ein Gehalt in der Höhe ausgeschiedener Direktoren. Zu tun gibt es für ihn nicht viel. Gartenarbeit und Radfahren ja, Wandern jedoch lässt sein Bein nicht zu. Mit Mercedes-Benz geht es erst 1952 weiter. Mit einer Limousine des Typs 220 (W 187) trägt er dazu bei, dass der Mannschaftspreis bei der Rallye Monte Carlo nach Stuttgart geht. Mit dem neuen 300 SL Rennsportwagen (W 194) belegt das Team Rudolf Caracciola/Paul Kurrle bei der Mille Miglia Anfang Mai 1952 Platz vier. 

Das letzte Rennen: 30 Jahre nach seinem ersten Rennen 1922 auf der Berliner Avus und 28 Jahre nach seinen ersten Siegen mit einem Mercedes-Benz startet Rudolf Caracciola zum letzten Mal, am 18. Mai 1952 beim Großen Preis von Bern. Auf dem Bremgarten-Ring blockiert in der dreizehnten Runde das linke Hinterrad des 300 SL, dieser gerät außer Kontrolle und prallt frontal gegen einen Baum. Caracciola verletzt sich schwer am bisher unversehrten linken Bein, auch die Kniescheibe ist gebrochen. Einmal mehr folgt ein mehrmonatiger Klinikaufenthalt. Caracciola ist mittlerweile 51 Jahre alt, und ihm ist klar, dass er nie wieder ein Autorennen fahren wird. 

Abschied: Nach dem Karriereende bleibt Rudolf Caracciola „seiner“ Marke Mercedes-Benz eng verbunden. Als hochgeachteter Repräsentant nimmt er viele Anlässe wahr. Doch im September 1959 wird er ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte diagnostizieren eine schwere Leberentzündung. Nach einigen Tagen im Koma stirbt Rudolf Caracciola am 28. September 1959 in Kassel. Rennleiter Alfred Neubauer findet diese Worte: „Er vereinigte in sich einen außerordentlichen Grad an Zuverlässigkeit, Konzentration, physischer Ausdauer und Intelligenz. […] Fangio gebe ich nach Caracciola als Zweitem das Prädikat, absolute Spitzenklasse‘. […] In der Anzahl der Siege bei Grands Prix, Langstreckenrennen, Bergsprints und Rekorden steht Caracciola einsam an der Spitze.“ Noch knapp zehn Jahre nach dem Abschied von diesem großen Rennfahrer schreibt Alice Caracciola am 14. Juli 1969 einem langjährigen Brieffreund: „Rudi wird wohl lange unvergesslich bleiben – ein silberner Streifen am Himmel der Rennfahrer.“ 

Mercedes-Benz Pressetext 

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  • Vor 120 Jahren wird der berühmte Motorsportler geboren 
  • Drei Mal Grand-Prix-Europameister und drei Mal Europa-Bergmeister auf Mercedes-Benz in den 1930er-Jahren 
  • Sein Weltrekord auf öffentlicher Straße über 432,69 km/h von 1938 besteht 79 Jahre lang 
  • Vor 90 Jahren gewinnt er auf Mercedes-Benz SSKL als erster Nichtitaliener die Mille Miglia

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